04.04.2018 — Verkehrsrecht
Haftung nach "Vollbremsung aus dem Nichts"
Der erste Anschein spricht bei einem Auffahrunfall gegen den Auffahrenden. Es liegt nahe, dass er zu schnell, zu unaufmerksam oder ohne den erforderlichen Abstand gefahren ist. Den Vorausfahrenden kann aber ein sog. Mitverschulden treffen.
In dem Fall, den das OLG Oldenburg zu entscheiden hatte, hatte ein Autofahrer seinen Pkw stark abgebremst und war dann in seine Hauseinfahrt eingebogen. Laut Zeugenaussagen war es eine „Vollbremsung aus dem Nichts“ und dazu noch ohne zu blinken. Die beiden nachfolgenden Fahrer konnten noch gerade rechtzeitig abbremsen. Das gelang dem dritten nachfolgenden Fahrer allerdings nicht. Er fuhr auf das vorausfahrende Auto auf. Das OLG gewichtete die Verschuldensanteile mit 2/3 auf Seiten des Auffahrenden und 1/3 auf Seiten des Abbremsers. Zwar sprach im vorliegenden Fall der erste Anschein gegen den Auffahrenden, denn man muss immer damit rechnen, dass ein vorausfahrendes Auto abrupt anhält, wenn etwa ein Kind auf die Fahrbahn läuft. Hier war es den beiden vorausfahrenden Autos schließlich auch gelungen, noch rechtzeitig abzubremsen. Trotzdem traf auch den Abbremser ein erhebliches Mitverschulden. Denn das von den Zeugen berichtete Verhalten ließ vermuten, dass sich der Fahrer durch einen Überholversuch seines Hintermannes provoziert gefühlt habe und diesen durch das plötzliche Abbremsen habe maßregeln wollen. Bei einem solchen Verhalten muss er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, das durchaus mit 1/3 bewertet werden kann.